Stellenanzeigen sind längst nicht mehr nur eine formale Auflistung von Aufgaben und Anforderungen. Sie sind heute auch ein Werbemittel, mit dem sich Unternehmen als modern, attraktiv und jung präsentieren wollen. Doch manchmal kann eine allzu trendige Sprache rechtlich nach hinten losgehen – wie ein Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Baden-Württemberg zeigt.
Was ist passiert?
Ein international tätiges Sportartikelunternehmen hatte eine Stelle ausgeschrieben – ganz klassisch auf gängigen Plattformen wie Stepstone, Indeed oder Xing. Doch eine Formulierung stach ins Auge: Gesucht wurde jemand, „der sich als Digital Native in der Welt der sozialen Medien und datengetriebenen PR zuhause fühlt“.
Ein Bewerber – ein 1972 geborener Wirtschaftsjurist – fühlte sich durch diese Wortwahl diskriminiert. Er war der Meinung, dass er aufgrund seines Alters benachteiligt wurde und reichte Klage nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ein. Seine Forderung: eine Entschädigung in Höhe von 5 Monatsgehältern.
Was bedeutet eigentlich „Digital Native“?
Der Begriff „Digital Native“ beschreibt laut Duden Personen, die mit digitalen Technologien aufgewachsen und in ihrer Benutzung geübt sind – also Menschen, die ab etwa 1980 geboren wurden. Wer, wie der Kläger, schon vor dieser Zeit geboren wurde, gilt eher als „Digital Immigrant“: Er oder sie ist zwar mit digitalen Medien vertraut, musste sich diese Kenntnisse aber später im Leben aneignen und ist daher kein „Eingeborener“. Aus Sicht des Klägers zielte die Stellenanzeige damit bewusst auf eine jüngere Zielgruppe – und schloss ältere Bewerber faktisch aus.
Das Urteil
Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg gab dem Kläger in weiten Teilen recht. Zwar sprach es ihm nicht die geforderten 5 Monatsgehälter zu, sondern lediglich 1,5 – doch das Grundprinzip ist klar: Die Formulierung „Digital Native“ stellt eine unzulässige Altersdiskriminierung dar.
Das Gericht stellte fest:
- Auch Bewerber sind durch das AGG geschützt, nicht nur Beschäftigte.
- Die Ablehnung der Bewerbung sei eine Benachteiligung aufgrund des Alters.
- Der Begriff „Digital Native“ signalisiert, dass der Arbeitgeber jemanden sucht, der mit digitalen Technologien aufgewachsen ist – also jemanden aus einer bestimmten Altersgruppe.
- Der Arbeitgeber konnte nicht ausreichend belegen, dass die Ablehnung des Klägers ausschließlich andere Gründe hatte (z. B. Überqualifikation oder fehlende Branchenerfahrung).
Warum ist das Urteil relevant?
Stellenanzeigen stehen oft im Fokus von Diskriminierungsklagen – und das aus gutem Grund. Sie sind öffentlich einsehbar, leicht zu dokumentieren und lassen sich juristisch gut auswerten. Schon in der Vergangenheit kam es zu Klagen, wenn in Anzeigen beispielsweise nur Frauen und Männer angesprochen wurden, nicht aber Menschen mit diverser Geschlechtsidentität.
Nun könnte das Urteil des LAG Baden-Württemberg eine neue Klagewelle in Gang setzen – diesmal wegen altersdiskriminierender Sprache.
Was bedeutet das für Arbeitgeber?
Auch wenn der Begriff „Digital Native“ vielleicht nicht böse gemeint ist und einfach modern klingt – seine Verwendung kann rechtlich problematisch sein. Arbeitgeber sollten deshalb ihre Stellenanzeigen sorgfältig prüfen und auf Formulierungen verzichten, die bestimmte Altersgruppen, Geschlechter oder sonstige Merkmale ausschließen könnten.
Besonders kritisch sind zum Beispiel:
- Begriffe wie „Digital Native“, „Gen Z“ oder „junger Teambuddy“
- Übermäßige Verwendung jugendlicher Sprache, wenn sie gezielt auf eine Altersgruppe abzielt
- Anforderungen, die nur indirekt ein bestimmtes Alter voraussetzen (z. B. „frisch von der Uni“ oder „erste Berufserfahrung nach dem Studium“)
Tipps für die Praxis & konkrete Fallstricke
- Nutzen Sie neutrale Formulierungen, die auf Fähigkeiten und Qualifikationen abzielen, nicht auf das Alter.
- Vermeiden Sie vermeintlich „coole“ Begriffe, die nur ein bestimmtes Bewerberprofil ansprechen sollen.
Problematische Formulierung | Bessere Variante |
„Wir suchen einen jungen, dynamischen Mitarbeiter für unser Team.“ | „Wir suchen eine engagierte Persönlichkeit mit Teamgeist und hoher Eigenmotivation.“ |
„Student/in oder Berufseinsteiger/in gesucht.“ | „Die Position eignet sich auch für Berufseinsteiger/innen.“ |
„Frisch von der Uni? Dann bist du bei uns richtig!“ | „Sie verfügen über akademisches Wissen und möchten dieses in der Praxis anwenden?“ |
„Du bist ein echter Digital Native und sprichst fließend Social Media?“ | „Du beherrschst Social Media sicher und bringst ein gutes Gespür für digitale Kommunikation mit.“ |
Fazit
Modernes Employer Branding ist wichtig – jedoch nicht auf Kosten der rechtlichen Gleichbehandlung. Die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg zeigt klar: Sprache in Stellenanzeigen muss inklusiv und diskriminierungsfrei sein. Wer sich auf trendige Begriffe verlässt, läuft Gefahr, qualifizierte Bewerber auszuschließen – und riskiert obendrein teure Klagen.
Arbeitgeber sollten ihre Stellenausschreibungen daher regelmäßig überprüfen – idealerweise in Zusammenarbeit mit der Personalabteilung und juristischen Experten. Denn was modern klingt, kann juristisch schnell zum Stolperstein werden.
FAQ: Digital Native, Diskriminierung & Stellenanzeigen
Was bedeutet der Begriff „Digital Native“ – und warum ist er problematisch in Stellenanzeigen?
Der Begriff „Digital Native“ bezeichnet laut Duden Personen, die mit digitalen Technologien aufgewachsen sind – also typischerweise Menschen, die ab etwa 1980 geboren wurden. In Stellenanzeigen kann dieser Begriff jedoch als Hinweis auf eine gewünschte Altersgruppe verstanden werden. Dadurch fühlen sich ältere Bewerber ausgeschlossen, was als Altersdiskriminierung gewertet werden kann.
Welche Risiken bestehen für Arbeitgeber durch solche Formulierungen?
Stellenanzeigen stehen häufig im Fokus von Diskriminierungsklagen, da sie öffentlich einsehbar sind. Altersdiskriminierende Begriffe wie „Digital Native“, „junges Team“ oder „frisch von der Uni“ können juristische Konsequenzen nach sich ziehen – von Entschädigungszahlungen bis hin zu Imageverlust.
Wie sollten Arbeitgeber ihre Stellenanzeigen formulieren, um rechtssicher zu sein?
Stellenanzeigen sollten neutral und inklusiv formuliert sein. Statt auf Altersmerkmale oder jugendliche Sprache sollte der Fokus auf Fähigkeiten und Qualifikationen gelegt werden. Beispielsweise statt „Digital Native“ besser: „Sicherer Umgang mit digitalen Tools und Social Media“.
Welche weiteren Formulierungen gelten als kritisch oder potenziell diskriminierend?
Problematisch sind Begriffe wie:
- „junges, dynamisches Team“
- „Gen Z gesucht“
- „erste Berufserfahrung nach dem Studium“
Auch stereotype Ansprache („du bist ein echter Social Media Crack“) sollte vermieden werden. Alternativen sind neutrale Beschreibungen wie „Kommunikationsstärke und Erfahrung mit digitalen Plattformen“.
Der Begriff „Digital Native“ bezeichnet laut Duden Personen, die mit digitalen Technologien aufgewachsen sind – also typischerweise Menschen, die ab etwa 1980 geboren wurden. In Stellenanzeigen kann dieser Begriff jedoch als Hinweis auf eine gewünschte Altersgruppe verstanden werden. Dadurch fühlen sich ältere Bewerber ausgeschlossen, was als Altersdiskriminierung gewertet werden kann.
Stellenanzeigen stehen häufig im Fokus von Diskriminierungsklagen, da sie öffentlich einsehbar sind. Altersdiskriminierende Begriffe wie „Digital Native“, „junges Team“ oder „frisch von der Uni“ können juristische Konsequenzen nach sich ziehen – von Entschädigungszahlungen bis hin zu Imageverlust.
Stellenanzeigen sollten neutral und inklusiv formuliert sein. Statt auf Altersmerkmale oder jugendliche Sprache sollte der Fokus auf Fähigkeiten und Qualifikationen gelegt werden. Beispielsweise statt „Digital Native“ besser: „Sicherer Umgang mit digitalen Tools und Social Media“.
Problematisch sind Begriffe wie:
- „junges, dynamisches Team“
- „Gen Z gesucht“
- „erste Berufserfahrung nach dem Studium“
Auch stereotype Ansprache („du bist ein echter Social Media Crack“) sollte vermieden werden. Alternativen sind neutrale Beschreibungen wie „Kommunikationsstärke und Erfahrung mit digitalen Plattformen“.